Google verschiebt die Abschaffung der Cookies von Drittanbietern in Google Chrome erneut, nachdem es Bedenken der Regulierungsbehörden bezüglich seiner Privacy Sandbox gab.
Im Google-Blog werden die laufenden Gespräche des Unternehmens mit der britischen Behörde für Märkte und Wettbewerb über die Zentralisierung des Marktes erwähnt, aber es steckt noch mehr dahinter. Kurz vor der Entscheidung berichtete das Wall Street Journal, dass die britische Datenschutzbehörde (ICO) über mögliche Datenschutzschwachstellen in Google Topics besorgt ist, die eine Identifizierung der Nutzer ermöglichen könnten.
Aber was hat das mit Cookies von Drittanbietern zu tun?
Eine ganze Menge, wie sich herausstellt. Hier finden Sie alles, was Sie über die Privacy Sandbox wissen müssen: was sie tut, welche Schwachstellen sie hat und wie sie sich auf den Zeitplan für die lange hinausgezögerte Cookie-Apokalypse auswirkt. Lassen Sie uns eintauchen!
Lange Rede, kurzer Sinn
Das Thema und die Privacy Sandbox
Vor fünf Jahren rief Google die Privacy Sandbox ins Leben: ein laufendes Projekt zur Entwicklung datenschutzfreundlicher Technologien, die es Werbetreibenden und Websites ermöglichen, Informationen für verhaltensbezogene Werbung zu gewinnen, ohne die Privatsphäre von Internetnutzern zu verletzen oder deren Identität zu gefährden.
Die Privacy Sandbox und die Abschaffung von Drittanbieter-Cookies gehen Hand in Hand. Google ist ein beherrschender Akteur (und Quasi-Monopolist) auf dem Ad-Tech-Markt und verdient enorm viel Geld mit der Ermöglichung von Werbung. Das Unternehmen kann es sich also nicht leisten, Cookies einfach abzuschaffen - es muss sie durch etwas anderes ersetzen.
Topics soll dieser Ersatz sein. Kurz gesagt ist Topics ein System, das es dem Google Chrome-Browser ermöglicht, den Browserverlauf des Nutzers zu analysieren, die Interessen des Nutzers herauszufinden und diese an Werbetreibende weiterzugeben, die die Topics-API verwenden.
Wie funktioniert Topics?
Jede Form der zielgerichteten Werbung basiert auf der Erstellung von Profilen: Um relevante Anzeigen schalten zu können, müssen Werbetreibende wissen, für welche Produkte und Dienstleistungen Sie sich interessieren. Bei Google Topics wird dieses Profiling direkt von Ihrem Browser durchgeführt.
Der Grundgedanke hinter Topics ist, dass die browserbasierte Profilerstellung die Privatsphäre besser schützt als Tracking-Cookies, da kein externer Server beteiligt ist und keine Offenlegung der von einem Nutzer besuchten Websites erforderlich ist. Außerdem können in den Browser Mechanismen zur Wahrung der Privatsphäre eingebaut werden, um die Menge der an Werbetreibende weitergegebenen Informationen zu begrenzen.
Fazit: Theoretisch liefern Topics den Werbetreibenden Daten, die detailliert genug für gezielte Werbung sind, aber nicht so feinkörnig, dass eine Identifizierung möglich ist.
Dies ist ein schmaler Grat, auf dem man sich bewegt, und mehrere Datenschutzschwachstellen in Googles Topics sind bereits seit einiger Zeit bekannt. Allerdings wissen wir nicht mit Sicherheit, welche Schwachstellen das ICO beanstandet hat, da die Dokumente, auf die sich das WSJ bezieht, nicht öffentlich sind.
Das Ganze fühlt sich langsam wie ein Déjà-vu an. Vor einiger Zeit schlug Google ein Topics-ähnliches System vor, das "Federated Learning of Cohorts"(FLOC) genannt wurde. FLoC wurde wegen seiner Schwachstellen in Bezug auf den Datenschutz stark kritisiert und schließlich von Google verworfen.
Topics ist im Wesentlichen ein Nachfolger von FLoC und baut auf dessen Kernideen auf. Wird Topics die Kritik überleben oder wird es das gleiche Schicksal wie FLoC erleiden?
Wie geht es weiter?
Es ist schwer zu sagen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Abgesehen von der Gegenreaktion der ICO gibt es mindestens zwei mögliche Fehler in Googles Strategie.
Was ist mit anderen Browsern?
Google ist darauf angewiesen, dass sich die Browser an der Privacy Sandbox beteiligen, da Topics für die Profilerstellung auf den Browser des Nutzers angewiesen ist. Im Moment kann Google auf Chrome - das ihm gehört - und Microsoft Edge zählen. Damit ist aber immer noch ein Drittel des Marktes von der Privacy Sandbox ausgeschlossen.
Der größte Browser nach Chrome ist Safari mit einem Marktanteil von fast 20 %. Aber Apple wird schwer zu überzeugen sein, da das Unternehmen bekanntermaßen sein Image als datenschutzfreundliche Marke pflegt.
Die Browser, die den Rest des Marktes ausmachen, sind in der Regel recht datenschutzorientiert. Höchstwahrscheinlich werden die meisten von ihnen Topics nicht einmal mit der Kneifzange anfassen.
Fazit: Ein wesentlicher Teil des Browsermarktes ist für Google wahrscheinlich tabu, was den Plan des Unternehmens, die Privacy Sandbox zum neuen Standard für die Ad-Tech-Branche zu machen, behindern könnte.
Die ePrivacy-Richtlinie
Google wird mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert, die speziell für den EU-Markt gilt: Gemäß der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (ePrivacy-Richtlinie) muss das Unternehmen die Zustimmung der Nutzer einholen.
Dies könnte ein Problem darstellen. Menschen mögen keine Überwachung und sagen oft "Nein, danke", wenn sie vor eine faire, transparente Wahl gestellt werden - wozu Google gesetzlich verpflichtet ist.
Natürlich könnte Google die Richtlinie ignorieren (wie es das bereits mit den Werbe-Trackern auf Android-Geräten tut). Aber mit Chrome etwas Lustiges zu versuchen, ist für Google sehr riskant, denn Chrome ist ein Gatekeeper im Sinne des Gesetzes über digitale Märkte und wird von den EU-Regulierungsbehörden in absehbarer Zukunft genau beobachtet werden.
Google hat also auf dem europäischen Markt zwei Möglichkeiten. Es kann die Regeln missachten oder beugen und enorme Geldstrafen riskieren. Oder es kann fair spielen und eine Vielzahl von Opt-outs der Nutzer akzeptieren.
Schlussfolgerungen
Es gibt ein viel grundsätzlicheres Problem mit Themen. Software sollte dem Endnutzer zugute kommen, nicht dem Entwickler. Googles Plan, Ihren Browser in eine Profiling-Maschine zu verwandeln, zeigt die völlige Missachtung des Unternehmens nicht nur gegenüber der Privatsphäre (was niemanden überraschen sollte), sondern auch gegenüber der Idee eines freien und offenen Internets.
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